Ihr, meine alten Begleiter, ich wende mich heute direkt an euch. Cannabis, Alkohol, Lyrica, Tramal, Tilidin – ihr wart über zwanzig Jahre an meiner Seite. Immer wart ihr da, wenn ich euch brauchte, um Schmerzen zu betäuben, vor der Realität zu fliehen oder einfach nur einen Moment der Ruhe zu finden. Ihr habt mir das Gefühl gegeben, stark zu sein und den Alltag zu meistern. Doch in Wirklichkeit habt ihr mich geschwächt, mich in einen Teufelskreis aus Abhängigkeit, Verzweiflung und Selbstverlust gefangen gehalten.
Ihr habt mir so viel genommen: Freiheit, Gesundheit, Vertrauen, Beziehungen. Zehn Jahre meines Lebens habe ich hinter Gittern verbracht – Jahre, die ich nie zurückbekommen werde. Ihr habt mich in Situationen gebracht, in denen ich mich selbst kaum noch erkannt habe. Ihr habt mich gebrochen, aber mir auch eine wichtige Lektion erteilt: dass ich stärker bin, als ihr je gedacht habt.
Dann kam die Substitution – ein neuer Begleiter trat in mein Leben. Zuerst Polamidon, dann du, Subutex. Du bist anders als die anderen. Du hast mir geholfen, den ersten Schritt aus der Dunkelheit zu wagen. Du hast mir Stabilität gegeben, als ich sie am dringendsten brauchte. Du hast mir ermöglicht, mein Leben langsam wieder in den Griff zu bekommen. Im Haus Schwarzenberg, in der therapeutischen Gemeinschaft, hast du mich zwei Jahre lang begleitet – zuerst mit 4mg, jetzt bin ich bei 1mg angekommen. Jedes Milligramm weniger ist ein kleiner Sieg, ein Schritt näher zur Freiheit.
Doch auch du, Subutex, bist nicht ohne Schatten. Du hast mir Sicherheit gegeben, aber auch neue Fesseln angelegt. Du hast mich an Ärzte und Rezepte gebunden, mich weiterhin abhängig gemacht – nur auf eine andere Art und Weise. Ich konnte nicht frei entscheiden, war immer noch gefangen, nur in einem anderen Gefängnis.
Jetzt ist der Moment gekommen, dich loszulassen. Ich möchte dir, Subutex, von Herzen danken für all das, was du für mich getan hast. Du hast mir geholfen, meinen Weg zurück ins Leben zu finden, mir Klarheit und Stabilität gegeben, als ich sie am dringendsten brauchte. Aber jetzt brauche ich dich nicht mehr. Ich will frei sein – frei von Abhängigkeiten, frei von Zwängen, frei für meine Familie, für meine Kinder und für mich selbst.
Ich denke an meine Partnerin, die mich auf diesem Weg begleitet hat, die immer an meiner Seite war und mir Halt gegeben hat. Gemeinsam haben wir eine Tochter, Elina, die gerade ein Jahr alt geworden ist. Jedes Wochenende darf ich sie sehen und Vater sein – und das möchte ich in voller Klarheit und Freiheit erleben. Auch zu meiner ersten Tochter, die jetzt neun Jahre alt ist und in einer Pflegefamilie lebt, habe ich wieder Kontakt aufgenommen. Alle sechs Wochen sehe ich sie, und ich möchte der Vater sein, auf den sie stolz sein kann. Meine Mutter, meine Partnerin, die Pflegefamilie – sie alle sind stolz auf mich, und ich bin es auch.
Der Weg war lang und steinig. Ich bin jetzt seit über eineinhalb Jahren clean, abgesehen von dir, Subutex. Die Abdosierung ist nicht einfach, jeder Tag bringt neue Herausforderungen mit sich. Aber ich weiß, warum ich das tue. Ich will aktiver sein, klarer im Kopf, konzentrierter und vor allem frei.
Ich verabschiede mich von euch, den Drogen, die mich so lange begleitet haben. Ich verabschiede mich von dir, Subutex. Du warst ein wichtiger Teil meines Weges, aber jetzt ist es an der Zeit, dich loszulassen. Ich gehe meinen Weg jetzt allein, gestärkt durch die Erfahrungen, die ihr mir gebracht habt, aber ohne euch.
Danke für die Lektionen, die ihr mir gegeben habt. Danke, dass ihr mich gelehrt habt, was ich nicht mehr will. Jetzt ist Schluss. Ich bin bereit für ein neues Kapitel – frei, klar und voller Hoffnung.
Lebt wohl.